Anfang April geht unsere Reise
dem Ende zu. Von Santa Catalina aus fahren wir per Bus Richtung Panama City.
Ein ganzer Schwung Hotelgäste begleitet uns.
Der Partybus nach Panama City |
Ich bin traurig, dass die Zeit
vorbei ist, fühle mich gefangen zwischen dem Gefühl, wie schnell die Zeit
während des Reisens vergeht und dem Gefühl, schon ewig unterwegs zu sein – das Zeitgefühl
völlig verloren zu haben. Ein gutes Gefühl. Wir haben viel erlebt und jeden Tag
hundertprozentig ausgenutzt. In Panama City fühle ich mich dann aber wirklich
verloren. Nicht in der Zeit, sondern in der großen, leuchtenden Stadt, voller
Hochhäuser und Banken. Schon vermisse ich die Ruhe, die Langsamkeit und Einfachheit
des Lebens, an die ich mich doch gerade erst gewöhnt hatte.
First impressions |
Am nächsten Morgen wollen wir die
Stadt erkundigen, mein erster Eindruck bleibt bestehen. Ich kann mich nicht
anfreunden mit Panama City und dem bestärkten Empfinden, dass sich in jedem
zweiten Hochhaus eine Bank befindet.
Sebastién, Sue und ich laufen zur „Old
Town“ – ein Stadtteil, der mir wesentlich besser gefällt. Statt perfekt
durchdachter Architektur erwarten uns Häuser mit Geschichte, Straßenkunst und
Leben statt Perfektion.
Old Town Panama City |
Aber mein Kopf ist schon gar nicht mehr in Panama,
meine Gedanken kreisen schon um das, was mich zuhause erwarten wird – Auszug,
Wohnungssuche, Planlosigkeit… Realität. Ich versuche, mich einzulassen auf die
Stadt, das Schöne in ihr zu sehen, die positiven Erinnerungen aufleben zu
lassen, aber ich bin ein mürrisches Kind, genervt von allem und jedem. Und noch
genervter von mir selbst, weil ich mir durch meine schlechte Laune den Tag
verderben lasse.
Time to say Goodbye! |
Abends besuchen und Kelly und
Graham, die wir auch in Santa Catalina kennengelernt haben und wir nehmen
Abschied voneinander. Meine schlechte Laune verwandelt sich in Traurigkeit und
noch mehr Ärger darüber, dass ich es nicht schaffe, im Moment zu leben, die
Zeit mit lieben Menschen zu genießen, sondern meinen Gedanken so viel Macht geben
muss.
Am nächsten Morgen muss Sue ganz
früh zum Flughafen. Wir versprechen, uns ganz bald in Europa zu treffen.
Der Bus zum Flughafen |
Am Vormittag
lerne ich Ahmed aus Ägypten kennen, der schon etwas länger in Panama City ist
und mir einige schöne Ecken der Stadt zeigen will. Er begleitet mich und leiht
mir seine Buskarte, sodass ich per Bus zum Flughafen fahren kann. Der Weg nach
München über Madrid kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Auch wenn ich mich freue,
meine Liebsten zu treffen, graut mir schon vor dem Post-Reise-Loch, in das ich
zwangsläufig immer falle. Nach allen Abenteuern und permanenter Zerstreuung
zurück in Routine und Alltag, zu Kautionsfragen und Steuererklärungen.
Ich habe mich wieder sehr
verändert. Ich habe Momente vollkommener Zufriedenheit und Glückszustände
erlebt. Ich habe viele Kilometer mit schwerem Rucksack zurückgelegt, per Bus,
Auto, auf Ladeflächen und zu Fuß. Ich habe geputzt und geschrubbt, viel Yoga
praktiziert, zahlreiche Sonnenuntergänge angeschaut, mich als Aschenputtel und
Prinzessin gefühlt. Wurde von Affen gebissen, habe Riesen-Daiquiris getrunken
und zu viele Menthol-Zigaretten geraucht und einige Kilo Wassermelone gegessen.
Ich habe mich entspannt und gesonnt, habe Pyramiden aus Bambus gebaut und wurde
zum Spezialisten von Komposttoiletten und Recyclingsystemen. Ich habe getanzt,
gelacht, gefeiert, zelebriert, meditiert und zwei Dosen Seifenblasen verpustet.
Ich habe gelitten und einige Stunden auf der Toilette verbracht. Ich habe alte
Freunde getroffen und ein neues Land kennengelernt. Ich bin barfuß durch
Schlamm marschiert und habe Sand in allen Farbtönen gesehen. Ich habe nach
Schätzen im Dschungel gesucht und Honigbären gestreichelt. Ich habe Unterricht
in Entspannung, Kokosnussknacken und Surfen bekommen. Habe Delfine, Haie und
Schildkröten gesehen und…. Die Liste könnte endlos sein.
Doch vor allem habe ich wieder
Menschen kennengelernt, von jedem einzelnen ich wieder einiges lernen durfte.
Allen voran natürlich Sue, die in einen Eimer voller Liebe und positiver
Energie gefallen zu sein scheint und in mir den Wunsch erweckt hat, die Gefühle
der Reise, die Momente vollkommener (Selbst)zufriedenheit und Glückseligkeit aufrecht
erhalten zu können. Orts- und personenunabhängig.
Diese Zeilen habe ich einige Wochen
nach meiner Rückkehr geschrieben. Erst jetzt habe ich mir die Zeit genommen,
sie in meinen Blog zu schreiben. Das Loch kam, natürlich. Die Veränderungen
auch, und dieses Mal als bewaffnete Armee. Aber im Endeffekt versuche ich noch
immer zu glauben, was der kleine Bär und
der kleine Tiger während ihrer Suche nach Panama erlebt haben. Auf Reisen
trifft man viele tolle Leute, macht viele wichtige Erfahrungen und lernt, dass
das Land der Träume theoretisch überall sein kann, solange man daran glaubt,
dass es dieses ist und vor allem Freunde hat, die für einen da sind. Und die
habe ich zum Glück ja. Auf der Welt verstreut und dort, wo ich bin.