Dienstag, 28. Januar 2014

Back to the roots… mit Kokosnuss und Machete


Meine Zeit in Uvita neigt sich erstmal dem Ende zu. Obwohl ich bisher nur einen halben Tag für die wirklich bitteren Gefühle des Zweifels und vielleicht auch so etwas wie Heimweh reserviert habe, und ansonsten zumeist recht heiter und entspannt meine Zeit hier im Dschungel und am Strand verbringe, habe ich mich entschlossen, meine Reise erstmal fortzusetzen und weitere schöne Orte in Costa Rica zu entdecken. Dass Uvita es einem allerdings schwermacht, überhaupt wegzuwollen, habe ich nicht zuletzt durch Chris bestätigt bekommen, Kunsttherapeut aus Österreich, der sein Zelt vor gut zwei Monaten am Strand von Uvita auf- und bisher nicht mehr abgebaut hat. Die scheinbare Einfachheit des Lebens hier verlockt zur Bequemlichkeit des Verweilens. Kochen am Lagerfeuer, mit Machete auf Kokosnussjagd, Papaya und Wassermelone, Sonnenuntergänge und das nächste Mal vielleicht einen höheren Lichtschutzfaktor. Mehr braucht man nicht viel für Pura Vida, oder? Natürlich nicht immer. Die Arbeit ist nicht immer spaßig, die Arbeitszeit und die Entfernung des Wasserfalls runter ins Zentrum erschweren Spontaneität, aber bisher war das Glück noch stets an meiner Seite oder zumindest jemand, der mir ein Rad borgen konnte oder mich im Auto mitnahm. Und dann ist da auch noch Leben im Nachbarhaus eingekehrt, in dem Volontäre aus aller Welt Hängematten und Essen teilen und sich zu spontanen, morgendlichen Flusswanderungen überreden lassen.
Ein Teil von mir würde tatsächlich gern noch etwas bleiben. Viel habe ich ja noch gar nicht gesehen von der Umgebung, aber recht viel mehr gibt es hier, in dem kleinen Örtchen, in dem sich jeder grüßt und man stets in spontane Gespräche an der Gemüsetheke verwickelt wird,  wohl auch nicht. Aber das, was ich gesehen oder gefühlt habe, hat mich auf jeden Fall schon überzeugt. Ich hoffe sehr, dass mich meine planlose Reise nochmal hierherbringen wird… Aber jetzt geht’s erstmal weiter Richtung Süden.




Frühstück und Abendessen am Campingplatz




Die Jagd beginnt...



 


Spontan-Camping in Dominical





Chilliger Hund...

 
... und Nachbarn.


Montag, 20. Januar 2014

Uvita – I sleep until the monkey cries



 Seit über einer Woche bin ich nun in dem kleinen Städtchen Uvita, im Süden Costa Ricas. Von der familiär behüteten, komfortablen Villa in San José mit den drei putzigen, aufgeweckten Schleifchen tragenden Yorkshire Terriern direkt ab in den Dschungel zu Kater Chop Suey und seiner bunt gemixten Patchworkfamilie, wo ich täglich um 5 Uhr von lautem Affengeschrei geweckt werde. 
Ich arbeite hier an einer Bar, die am Eingang eines Wasserfalls liegt, kassiere Eintrittsgeld, mache Fruchtsäfte, verkaufe Cervezas, unterhalte Gäste und versuche, mit dem Sprachchaos aus Spanisch, Englisch und Deutsch klarzukommen. Ich wohne hier mit den zwei Leitern, einer Costa Ricanerin und einem Spanier, deren Freundinnen und dem bereits erwähnten Kater, relativ abgeschnitten vom Zentrum, umgeben von Bäumen und Wasserfällen. Das hat den Vorteil, dass ich das Glück habe, stets – sowohl von meiner Matratze aus, als auch beim Zähneputzen – den Anblick purer Natur genießen kann und zudem gezwungen bin, an meinen durchaus ausbaufähigen Spanischkenntnissen zu feilen, aber auch den Nachteil, dass ich arbeitsbedingt ziemlich an diesen Ort gebunden bin. Ich arbeite fünf Tage die Woche, viermal von 11.30-16.30 (also laut Papier), wobei ich davor und danach nicht viel machen kann, da es bereits gegen 18 Uhr stockdunkel ist und sich das Leben dadurch hier eher tagsüber abspielt. Sonntags arbeite ich rund um die Uhr und zwei Tage darf ich meiner Freizeit widmen. Ganz eingespielt hat sich das ganze noch nicht (so wie es meistens ist, wenn man an dem Ort wohnt, wo man auch arbeitet), zumal mir am Samstag (11.1.), meinem ersten Arbeitstag, gleich eröffnet wurde, dass die ganze Truppe gegen 16 Uhr für einen Ausflug aufbrechen werde und erst am Sonntagnachmittag (-> daraus wurde Montagmittag) zurückkäme. Da wurden meine fehlenden Sprach- und Gastronomiekenntnisse sofort auf eine harte Probe gestellt. 

Hier arbeite ich

            
 








Meine Terrasse mit Dschungelblick
Sonntags kam ich mit ein paar Gästen in Kontakt, die mich mit in ihr Hostel nahmen, und sah bzw. spürte am späten Abend das erste Mal den lang ersehnten Strand. Ein deutschstämmiger Kanadier blieb länger als erwartet und mit ihm und seinen Bekannten verbrachte ich auch meine folgenden freien Tage, an denen ich endlich Zeit für „Pura Vida“ hatte: Sprünge von den Felsen des Wasserfalls, erste Surfversuche im Meer, Rum und Wassermelone am Strand, gemeinsames Kochen im Hostel, Hängematten, nette und interessante Gespräche mit ebensolchen Menschen, unbeabsichtigtes Schlammbaden und Verlust jeglichen Zeitgefühls. 

Die Arbeit und das Leben hier am Wasserfall ist nicht immer leicht – gerade während der Zeit, die ich mit den anderen Reisenden verbracht habe, habe ich mir gedacht, dass ein Leben im Hostel, mit ständiger Ablenkung und Unterhaltung, um einiges leichter wäre. Viele haben mich zudem gefragt, warum ich die ganze Arbeit freiwillig mache und nicht lieber nach unten an den Strand ziehe. Aber neben solch logischen Stichpunkten wie Finanzen, Spanisch und Natur merke ich, dass ich hier auch irgendwie zur Ruhe komme. „Tranquila, tranquila“ sagt mir meine Arbeitskollegin immer wieder, wenn ich wieder mal hektisch werde oder mir übertrieben Sorgen mache. Und es scheint zu wirken. Jeden Tag nehme ich mir vor, einen Reiseplan für die nächste Zeit zu entwerfen, aber noch zieht es mich scheinbar irgendwie noch gar nicht weg. Noch genieße ich den lauten Dschungel und seine Bewohner. Und zum Glück gibt es ja auch hier immer wieder Ablenkung: Gäste jeder Nation und jeden Schlags, Full-Moon-Partys und Flunkyball, Fitnesstraining mit Private Coach am Wasserfall, Skypegespräche oder Besuch meines französischen Nachbars in seinen nichtexistenten vier Wänden mit iPod, Mundharmonika und Bier. Tranquila, tranquila… noch habe ich Zeit und Muse, die Momente zu genießen, in denen es mir gut geht und die Momente auszuhalten, wo ich kurz hinterfrage, ob ich die richtigen Entscheidungen treffe. Und noch habe ich Zeit, Costa Rica zu entdecken und mein „Pura Vida“ zu finden.



Playa de Uvita

Flunkyball im Dschungel

Hamakas im Flutterby Hostel




Dienstag, 14. Januar 2014

11.1. San José - Glück im Unglück

Ich sitze gerade am Busbahnhof, um in der nächsten Stunde hoffentlich nach Uvita (mein erstes eigentliches Ziel) gebracht zu werden. Es ist halb 1 morgens nach meinem Zeitgefühl, halb 6 abends nach tatsächlicher Zeit. Die letzten knapp 40 Stunden habe ich nicht viel Schlaf bekommen. Die letzte Flugetappe war nicht angenehm – in New York war die Zeit knapp, die Passkontrolle langsam und gerade ich scheinbar zwielichtig genug, einem nervigen Bodycheck unterzogen zu werden. Ich musste somit zum Flugzeug hetzen und verpasste damit die Chance, im Internet nach Schlafmöglichkeiten zu suchen. Und um ehrlich zu sein, bekam ich das erste Mal tatsächlich so etwas wie Angst. Scheiße, du wirst ganz allein sein, die nächsten Monate. Wieso wollte ich das eigentlich?
Aber sämtliche Glücksbringer – von Happy Meal Kuscheltieren über Schokoladengeldkoffer bis hin zu Quietschenten – sollten sich bewähren: Beim Check-In in New York traf ich auf eine einheimische Familie, die mich in San José kurzerhand zu sich einlud, als klarwurde, dass die Chancen auf einen angenehmen Aufenthalt gering waren und ich mich bereits auf ein Schläfchen am Flughafen vorbereitete. Ziemlich erschöpft nahm ich das nette Angebot an und machte somit die erste positive Erfahrung mit den Ticos, die mir auch am folgenden Tag mit Rat und Tat beiseite standen – vom Simkartenkauf über einen Crash-Drum-Kurs bis hin zu Nachhilfe in Sachen „Was trägt die hippe Jugend in Costa Rica“ [Ich gehör jetzt definitiv dank selbstgebasteltem Armband dazu!]. Ich verbrachte gleich den Tag mit ihnen und wurde vor knapp einer Stunde zum Busbahnhof gebracht, wobei ich auf der Fahrt feststellen durfte, dass ich in der Hauptstadt tatsächlich wenig verpasst habe. Ich freue mich, bald Lärm und Stress hinter mir lassen und stattdessen in die Natur eintauchen zu können. Dennoch bin ich sehr dankbar für die Erfahrung und vielleicht auch dankbar für meine kleine Naivität, die mich wieder mal in Kontakt mit wahnsinnig netten Leuten gebracht hat. Vielen Dank. Ich hoffe, dass ich das alles bald zurückgeben kann. What comes around goes around…

Montag, 13. Januar 2014

9.1. Eine Reise, die ist lustig… Oder: „Bin ich denn total verrückt?“



„Please mind your head.“ Aua, ja, ich bin in London, nur am Flughafen, aber immerhin. Die erste Etappe wäre geschafft. Freuen kann ich mich gerade allerdings noch nicht, denn mir ist soeben im Flugzeug klar geworden, dass ich um 22 Uhr am Flughafen in Costa Rica ankommen werde und von dort aus erst nach San José Zentrum, dann nach Uvita und dann nach Catarata-wie-auch-immer-Kaff [Nachtrag: Cataratas sind die Wasserfälle... tja, so einfach kann es sein] muss. Und das um eine Zeit, wo laut Reiseführer (den ich vielleicht doch früher hätte studieren müssen) keine Busse mehr fahren. Die Worte meine Mutter („Host da scho gscheid überlegt, wia…“) kommen mir in den Sinn und auf einmal ist mir auch nicht mehr ganz klar, warum ich mir vorab nicht eine Stunde Zeit genommen habe, Verbindungen zu recherchieren oder doch ein Hostel in der Hauptstadt zu buchen oder mich mit Couchsurfern in Verbindung zu setzen. Meine positive „Wird-scho-wern“-Einstellung weicht gerade einer inneren, vorwurfsvollen „Oh-Gott-Milena-was-tust-du-eigentlich-du-naives-Stück“ Stimme. Naja, noch bin ich ja nicht da. Und die Hoffnung, dass ich in New York ob der kalten Temperaturen so lange hängenbleibe, dass ich Costa Rica in den Morgenstunden erreichen werde, besteht auch noch. Aber ob das wirklich die beste Lösung wäre??? Ja, okay, vielleicht ist das alles verrückt, vielleicht wird es aber auch einfach eine ganz lustige Reise… Vamos!